Köln, September 2002 - Ich fahre Rad, seit ich mit den Füßen an die Pedale komme, und noch ein bisschen länger. Es macht mir heute noch genau soviel Spaß wie früher. Weil sich die einmal gemachten Er-fahrungen immer wieder bestätigen:
Das Rad ist ein tolles Fortbewegungsmittel. Leicht, schnell, unkompliziert, preiswert. Keine Staus, keine Parkplatzsorgen, fast alle Reparaturen kann ich selber machen. Kaum ein Ziel innerhalb der Stadtgrenzen ist weiter als eine halbe Stunde entfernt. Durch die Bewegung ist mir nie kalt und meine Laune ist gut. Besser jedenfalls, als wenn ich bewegungslos in Abgasschwaden im Stau stehe. Ich habe acht Jahre lang meine Brötchen mit Autofahren verdient und weiß, wovon ich rede.
Alles in allem müßte ich ein glücklicher Mann sein. Seit es den Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) gibt, hat das Fahrrad eine kompetente und einflußreiche Interessenvertretung. Und seit die Grünen an der Macht sind, sollte das Fahrrad als grünes Verkehrsmittel ja wohl kaum noch aufzuhalten sein. Zudem lebe ich in Köln, nach eigenem Verständnis einer "fahrradfreundlichen Stadt NRW" und Mitglied im entsprechenden Arbeitskreis. Ich bin aber nicht glücklich, jedenfalls nicht wirklich:
Kinder sind auf dem Schulweg gefährdet und werden deshalb mit dem Auto kutschiert. Senioren trauen sich nicht auf’s Rad, weil sie sich unsicher fühlen. Vernünftige Fahrradständer fehlen vor Supermärkten und sogar vor öffentlichen Gebäuden. Radwege sind in schlechtem Zustand oder werden einfach unterbrochen und nicht mehr weitergeführt.
Die Verwaltung sagt: "Es ist kein Geld da". Tolles Argument. Wenn zu fehlender Phantasie auch noch Geldmangel kommt, ist Deutschland in Not. Meine Herrschaften, wenn das Geld knapp wird, werden immer mehr Leute das Auto stehen lassen oder abschaffen und auf preiswertere Verkehrsmittel ausweichen. Und da ist das Fahrrad allererste Wahl. Es wäre also klug, sich auf zunehmenden Radverkehr einzustellen.
Wir gründen 2002 die Intitiative Mülheimer Fahrrad Gruppe, die die Bedingungen für die Radfahrer in unserem Stadtbezirk Köln-Mülheim verbessern will. Wir richten eine Mängel-Datenbank ein, in der wir unsere Forderungen, und was aus ihnen geworden ist, dokumentieren. Diese Datenbank kann im Internet von jedermann eingesehen werden. Wir fördern damit die Bürgerbeteiligung am politischen Leben und Transparenz in der Zusammenarbeit mit der Verwaltung.
2005 wird die Mülheimer Fahrrad Gruppe Mitglied im Expertenkreis Velo2010 "Sicheres Radfahren in Köln". Mitglieder sind neben den Initiatoren der Kölner Polizei die Stadtverwaltung und diverse Verkehrsinitiativen wie z.B. der ADFC und VCD. Für seinen ganzheitlichen Ansatz bekommt der Expertenkreis 2006 zwei Auszeichnungen.
2014 - Die Dinge sind im Fluss: Der Expertenkreis Velo2010 hat ein Mitglied nach dem anderen verloren. Besonders die Fahrrad-Initiativen wie ADFC, VCD und Mülheimer Fahrrad Gruppe bemängeln Unbeweglichkeit und Dominanz der Polizei und ziehen sich zurück.
Die Mülheimer Fahrrad Gruppe stellt aus denselben Erfahrungen mit Politik und Verwaltung ihre Tätigkeit ebenfalls ganz ein. Schade, aber Ehrenamtler haben nur eine begrenzte Leidensfähigkeit. Sie wollen mit ihren Vorschlägen ernst genommen werden und dringende Probleme erledigt sehen. Davon sind wir noch weit entfernt.
Die Arbeit der Mülheimer Fahrrad Gruppe wird inhaltlich auf der Seite der Mülheimer Freiheit weitergeführt. Hier gibt es eine eigene Nachrichtenseite "Fahrrad". Schauen Sie doch einmal dort vorbei .. (rb/MF)
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